Foto: Leonardo Biasio
Autos bringen die Menschen zum Staunen und zur Weissglut. Autofahrende kaufen sich Status, verschulden sich tief oder leisten sich ganz einfach etwas Bequemlichkeit: Ein Auto fährt uns sicher von A nach B und kann dennoch zur tödlichen Waffe werden. Es verheisst Freiheit – auf Kosten anderer, solange sein Preisschild nicht annähernd die Kosten deckt, die es verursacht.
Ich selber habe kein Auto und werde mir auch keines kaufen. Dennoch kann ich mich der Faszination nicht entziehen. Genau darüber handelt der Film «Automania». Als ich aufgrund der Pandemie im Jahr 2020 beschloss, ein Masterstudium Film an der Hochschule Luzern – Design Film Kunst zu beginnen, war das Thema meines Masterfilms bereits beschlossen: Ein Herzensprojekt, das mich schon während Jahren beschäftigte.
Ein fertiger Film entstand bis zum erfolgreichen Bestehen meines Masters jedoch nicht – dafür eine passable Skizze für einen Kinodokumentarfilm. Ein jahr später ist es soweit: «Automania» geht 2024 an den Start!
Das Automobil – eine motorisierte Prothese für mobilitätsgetriebene Menschen. Autos sind sozusagen Demokratisierung der Geschwindigkeit und der Reichweite: Superkräfte für jedermann und jede Frau auf Kosten der gemeinschaftlichen Nutzung des öffentlichen Raums. Die modernen Stadtpanzer mit ihrem martialischen Kühler manifestieren den Anspruch «im Zweifelsfalle Vortritt». Das Stadtbild ist geprägt durch das Automobil. Es hat unser Umfeld grundlegend verändert. Doch die wenigsten scheinen sich daran zu stören, weil sie in diese Welt hineingeboren wurden und auch selber das Auto nutzen – wie auch ich. Noch schlimmer: Kaum sitze ich selbst hinter dem Steuer eines Mobility-Leihwagens, werde ich ebenso Teil dieser blechernen Masse. Ich geniesse es sogar. Hinter der spiegelnden Windschutzscheibe verschwinden mein Gesicht und meine Scham.
In «Automania – Von A nach B» stelle ich mich meinem inneren Konflikt: Als Autofahrer verschwinde ich in der blechernen Masse und geniesse insgeheim die Bequemlichkeit und Intimität eines Autos. Ich gehe diesem Zwiespalt auf den Grund und erkenne schliesslich, dass nicht das Automobil als Maschine das Problem darstellt, sondern dessen gedankenlose, egoistische Nutzung. Doch sind wir nicht bloss Opfer einer entmenschlichten Mobilität: Wir sind alle Teil davon und vollziehen gelegentlich den Seitenwechsel – auch ich als mehrheitlicher Abstinenzler. So wird schnell klar: Das Narrativ des Autors als «autofahrender Autohasser» birgt Selbstironie, der Film erzählt mit Humor und Schalk von meinem inneren Konflikt. Eine Antwort auf meine Fragen bildet die sogenannte «15-Minuten-Stadt», eine Vision von Professor Carlos Moreno von der Sorbonne in Paris, wie wir im finalen Akt des Films erfahren.
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